Omnichannel – Was man beachten muss

Omnichannel ist seit Jahren im stationären Handel das Thema Nummer eins, um sich gegenüber den Online Pure Player durchzusetzen. Unter Omnichannel versteht man, dass sämtliche Absatzkanäle gleichzeitig oder abwechselnd von den Kunden genutzt werden können. Es geht bei Omnichannel um das nahtlose Einkaufserlebnis.

In einigen Lehrbücher wird Omnichannel als eine Weiterentwicklung des Multichannel Vertriebs beschrieben. Beim Multichannel gibt es, wie es das Wort schon sagt, mehrere Vertriebskanäle, aber keine Verbindung untereinander. Somit ist Multichannel nicht gleich Omnichannel. Aus meiner Sicht ist die richtige Definition von Omnichannel wie folgt:

Omnichannel bedeutet, dass sämtliche Absatzkanäle gleichzeitig, abwechselnd oder übergreifend von den Kunden genutzt werden können.

Was ist der Vorteil von Omnichannel für die Kunden?

Der grosse Vorteil für die Kunden ist das nahtlose Einkaufserlebnis. Das heisst, ich kann Online ein Produkt aussuchen. Mich im Laden beraten lassen. Mit meinem Smartphone das Produkt am Regal bestellen und nach Hause liefern. Diese Verzahnung von Offline und Online bringen den Kunden einen grossen Mehrwert. Omnichannel kann ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, sich gegen die Online Pure Player durchzusetzen. Auch die wachsende Anzahl der Digital Natives ist ein weiterer Grund für Omnichannel. Denn für diese Kundenzielgruppe ist die Servicequalität entscheidend. Dies vor, während und nach dem Kauf.

Händler und Unternehmen nutzen somit vermehrt Omnichannel Customer Journeys und In-Store-Technologien sowie Value-Added-Services. Dies sind zum Beispiel: VIP-Lounges oder bevorzugte Behandlung von Stammkunden. Virtuelle Anproben sowie mit Tablets ausgestattete Verkäufer für die Erstellung personalisierter Angebote in Echtzeit. Um das stationäre Geschäft auch weiterhin für den vernetzten Kunden attraktiv zu gestalten.

Preissensibilität der Kunden

Auffällig ist weiterhin die Preissensibilität der Kunden. Vor allem bei Onlinekäufen. Die Ernst & Young GmbH fand heraus, dass Kunden (noch) häufiger online einkaufen würden, wenn der Preisunterschied zwischen dem stationären und dem Online-Geschäft sehr deutlich wäre. Niedrige und einheitliche Preise sind somit von zentraler Bedeutung, wenn es darum geht, Omnichannel Kunden zu akquirieren. Dennoch ist der Convenience Effekt wiederum nicht zu vernachlässigen. Da ein Kunde beispielsweise ein Produkt direkt online im Store bestellen würde, falls dieses vor Ort ausverkauft ist.

Der Convenience Aspekt

Der Convenience-Aspekt spielt für den Omnichannel-Kunden eine entscheidende Rolle. Dieser Kunde erwartet integrierte Services, schnelle und günstige Lieferung, exzellenten Service auf allen Kanälen sowie personalisierte Angebote in Echtzeit. Dies alles zu einem möglichst niedrigen Preis.

Herausforderungen Kanalintegrationen

Ich sehe bei der Kanalintegration grosse Herausforderungen im Omnichannel. Diese sind aus meiner Erfahrung folgende:

Ähnlichkeit beim Sortiment: Ähnliche oder gleiche Sortimente in verschiedenen Kanälen können Konkurrenz zwischen den Kanälen begünstigen. Da es zu einem Substitutionseffekt zwischen den Kanälen kommen kann. Dieser Effekt wird zusätzlich durch Preisdifferenzen (z. B. günstigerer Preis im Online-Shop) verstärkt.

Kompensation: Speziell der stationäre Händler leidet häufig unter Umsatzeinbussen durch den Online-Handel. Dem kann man entgegenwirken, indem zum Beispiel eine räumliche Zuordnung nach Postleitzahl der Bestellungen vorgenommen wird oder das Ladenpersonal selbst Bestellungen im Auftrag für Kunden im Online-Shop tätigen kann.

Nutzung von Kundendaten: Ein professionelles und über alle Kanäle einheitliches CRM, welches dabei hilft, Kunden individuell anzusprechen und ein persönliches Kauferlebnis bietet, ist ein wichtiger Schritt für erfolgreiche Omnichannel Retailer. Sollten diese Daten nicht zentral gepflegt und Informationen für alle verfügbar sein, kann der Kunde nicht 360 Grad bearbeitet werden.

Unterschiedliche Service-Level: Der Service-Level ist in den einzelnen Kanälen unterschiedlich ausgeprägt, auch die Beratungsqualität unterscheidet sich. Jeder Kanal hat hierbei eigene Vorteile (Online: Schnelligkeit, Bequemlichkeit; Offline: Beratung, persönlicher Kontakt), weswegen von einem Synergieeffekt zwischen den Kanälen auszugehen ist. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden bekannt sein müssen.

Exzellenz im Omnichannel Vertrieb

Unternehmen, die erfolgreich mehrere Vertriebskanäle nutzen und bedienen möchten, müssen integrativ denken und die einzelnen Kanäle miteinander vernetzen, denn die Kunden erwarten Kohärenz und Konsistenz.
Folglich müssen zum einen Prozesse und Strukturen im Hintergrund, wie Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Warenwirtschafts- und Logistiksysteme, transformiert werden. Das Gleiche gilt zum anderen auch für jene Bereiche, die die Kunden direkt und bewusst wahrnehmen, wie der Kundenservice und das Branding. Im Fokus steht dabei die kanalübergreifende Abstimmung. Für Insellösungen im Hinblick auf die IT-Infrastruktur und Silo-Denken in einzelnen Abteilungen ist im Rahmen eines exzellenten Mehrkanalvertriebs der Omnichannel Exzellenz kein Platz mehr. Somit wird klar, warum es nicht nur um die Anpassung von Strukturen und Prozessen, sondern auch um einen Kulturwandel geht, denn vernetztes, abteilungsübergreifendes Denken ist in vielen Unternehmen alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Dies gilt insbesondere für die verschiedenen Vertriebslinien, denn oftmals steht beispielsweise der Online-Vertrieb historisch gewachsen unverbunden neben den anderen Vertriebskanälen und in einer internen Konkurrenzsituation.

Omnichannel Strategie

Ist die Grundsatzentscheidung für eine Omnichannel-Strategie gefallen, muss diese direkt mit der Unternehmensstrategie verbunden werden. Umgekehrt ist eine Anpassung der Unternehmensstrategie an die sich ändernden Marktbedingungen und damit an die Anforderungen, die durch Omnichannel Konzepte entstehen, notwendig. In der Folge müssen dann im Rahmen der konkreten Omnichannel-Strategie passende, von den Unternehmenszielen abgeleitete übergeordnete Ziele definiert und Key Performance Indicators (KPI) festgelegt werden. Vor dem Hintergrund der so definierten Ziele ist dann wiederum in einem zweiten analytischen Schritt das Erlangen von dezidierten Kenntnissen über die ausgewählten Märkte und Zielgruppen bzw. Kunden notwendig. Nur wenn die Kundenanforderungen mit Blick auf die Kaufprozesse im Detail bekannt sind, wenn Klarheit über die Customer Journey herrscht und die konkrete Nutzung der verschiedenen Kanäle in den einzelnen Stufen des Kaufprozesses unter Berücksichtigung verschiedener Nutzungsmotive klar ist, kann in der Folge eine zielführende Kanalstrategie und -integration erfolgen.

Ausgestaltung der verschiedenen Kanäle

Die Ausgestaltung der verschiedenen Kanäle und deren Integration muss dann vor dem Hintergrund der zuvor identifizierten Kundenbedürfnisse bzw. des Zielgruppenverhaltens bei gleichzeitiger Berücksichtigung der strategischen Überlegungen und der definierten Ziele erfolgen. Diese Integration, die sowohl Fragen der IT-Infrastruktur wie auch inhaltliche Aspekte von der Preisgestaltung bis zum Markenauftritt umfasst, erfordert die Etablierung abteilungsübergreifender Schnittstellen und entsprechender klar definierter Prozesse.
Zur Überprüfung dieser Prozesse sowie zur Beurteilung des Erfolgs der gesamten Omnichannel-Strategie müssen abschliessend qualitative und quantitative Massnahmen zur Evaluation bzw. für das Controlling etabliert werden. Die hier generierten Erkenntnisse bezüglich des Erfolgs oder Misserfolgs einzelner Kanäle und Massnahmen werden dann wiederum im Sinne eines Planungskreislaufs für die Strategieanpassung und -optimierung genutzt.

Das gesamte Geschäftsmodell eines Unternehmens ist an die Mehrkanalaktivitäten anzupassen, die Ausrichtung auf Omnichannel muss die gesamte Organisation durchdringen. Konkret müssen dabei die Unternehmensperspektive (Inside-out) und die Kunden- bzw. Marktperspektive (Outside-in) bei der Entscheidung berücksichtigen.

Die Analyse der Customer Journey leistet daher einen wesentlichen Beitrag zur Planung von Omnichannel Aktivitäten und kann dem Unternehmen helfen, sich ein genaues Bild vom Kundenverhalten zu machen. Dabei ist es für Omnichannel Händler besonders wichtig, die gesamte Interaktionskette zu berücksichtigen. Die Kundendaten aus den verschiedenen Kanälen sollten nicht separat betrachtet, sondern über alle Kanäle hinweg erfasst und miteinander verknüpft werden.

Fazit

Omnichannel bieten zahlreiche Vorteile und Chancen für Unternehmen. Es kann auch schnell zum Risiko werden, wenn zum Beispiel die Komplexität steigt, höhere Kosten anfallen und neue Anforderungen an Führungskräfte und an die Mitarbeitenden nötig sind. Auch nicht vergessen werden darf, ist die Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Daten. Bei den Daten meine ich nicht nur Produkt-Daten, sondern alle Daten, die ein Unternehmen sammelt und bewirtschaftet.

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